Man möchte in allen Bereichen perfekt sein: Im Job ein Überflieger, ein gutes Elternteil, ein guter Partner und auch der Haushalt muss laufen.
In jedem dieser Bereiche nehmen wir eine Rolle ein und müssen diese dementsprechend von jetzt auf gleich wechseln. Gerade noch Chef/in oder Angestellte/r, ist man zu Hause angekommen Mutter/Vater und gibt man die Rolle des Elternteils ab, darf die Partnerschaft natürlich auch nicht zu kurz kommen.
Viele Menschen leiden unter diesem Druck, ständig in eine gewisse Rolle reinschlüpfen zu müssen und diese dann auch noch perfekt auszuführen.
Doch muss es immer perfekt sein? Sind Fehler nicht menschlich und werden von jedem begangen?
In meiner Praxis treffe ich häufig auf Eltern, die sich als Versager fühlen. Sie sind schlichtweg unsicher und unzufrieden mit sich selbst und der Situation zu Hause.
Dies ist kein Wunder, wenn man betrachtet, dass Elternsein gleichzeitig den Job des Psychologen, Sozialarbeiter, Managers und auch des Gesundheitsexperten miteinschließt.
Eltern fühlen sich oft auch hilflos und allein, nicht zuletzt weil es ein Schamgefühl in ihnen auslöst, wenn sie um Hilfe bitten.
Auch wenn ich mich in diesem Beitrag auf Eltern beziehe, heißt das natürlich nicht, dass Paare ohne Kinder oder Singles nicht genauso unter Druck gesetzt werden. Auch dann fällt vielen der Sprung zwischen Privatleben und Job sehr schwer.
Richtet man den Fokus einmal auf die Basis des Ganzen wird schnell klar, dass die Menschen viel zu wenig auf sich selbst achten. Selbstfürsorge und Auszeiten werden oft als Egoismus abgestempelt und haben in unserer Gesellschaft eher einen etwas negativen Beigeschmack. Dabei ist gerade dies oft der springende Punkt.
Wie oft reagiert man als Elternteil über, wenn man schon gestresst von der Arbeit kommt und die Kinder eigentlich nur eine ganz banale Frage haben? Auch in einer Partnerschaft passiert dies viel zu häufig. Ein paar schnippische Antworten nach Feierabend und schon ist der Abend gelaufen.
Was kann man aber nun dagegen tun? Auf der Arbeit ist es nunmal oft stressig und auch die Kinder können uns oft auch den letzten Nerv rauben.
Stichwörter sind hier Auszeit und Kommunikation. Man ist kein schlechter Mensch nur weil man nach Feierabend um eine halbe Stunde Ruhe bittet. Selbst kleine 5- oder 10 Minuten Pausen können den Körper und Geist schon beruhigen und machen um einiges ausgeglichener.
Ich sage vielen meiner Klienten immer, dass auch ich den Stress nicht wegzaubern kann. Die Frage ist nur, wie man mit diesem Stress umgeht und ob dieser Stress nicht einfach nur von einem selbst kreiert wird. Auch das gibt es sehr oft und ist nicht selten mit zu hohen Anforderungen an das eigene Handeln und das Selbst gekoppelt. Genau da sind wir wieder bei der Frage: Muss ich alles perfekt machen? Macht es mich zu einem schlechten Menschen, wenn ich Fehler mache?
Es hilft auch sehr oft, Situation einmal als Außenstehender zu betrachten; Wäre ich sauer, wenn ... diesen Fehler gemacht hätte? Fühle ich mich angegriffen, weil ... eine kurze Ruhepause einhalten möchte?
Ein weiterer Punkt ist das Thema Hilfe annehmen. Man sagt auch nicht umsonst, dass es ,,ein ganzes Dorf braucht, um Kinder großzuziehen". Lehrer, Erzieher, Freunde und Verwandte können häufig eine große Unterstützung sein. Gleichzeitig kann man in solchen Momenten wieder zu sich selbst finden, Auszeiten einplanen und so auch wieder voll und ganz ,,da sein". Denn...
Wenn wir zu viel geben und zu wenig auf uns achten, haben wir irgendwann nichts mehr zu geben
Auch wenn Erziehung ein sehr komplexes Thema ist, dass nicht nur das eigene Handeln sondern auch das Verhalten und Umfeld des Kindes einbezieht, kann man schon mit kleinen Optimierungen am eigenen Handeln sehr viel bewirken. Erst wenn man als Elternteil weiß, wer man ist und wie man sein Leben leben möchte, kann man dies auch entschlossen, selbstbewusst und reflektiert weitergeben.
Oft hilft es also einfach mal zu entschleunigen, um die Wogen wieder etwas zu glätten.
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